NAJU-Position zum Verbot umweltschädlicher Blockchain-Produkte

Für das Herstellen ihres konstituierenden Elementes und für den Erhalt der Funktionsfähigkeit ihres Netzwerkes benötigen Blockchain-Produkte[1] die Herstellung von Konsens über die Echtheit der von ihnen gespeicherten Daten. Diesen Konsens zwischen Teilnehmenden ihres Netzwerkes stellen sie in der Regel mithilfe von Algorithmen her, welche den Besitz einer Ressource beweisen sollen. Der gängigste Algorithmus nennt sich „Proof of Work“. Teilnehmende eines Blockchain-Netzwerkes müssen hierbei beweisen, dass sie eine bestimmte Rechenkraft aufbringen können. Dies tun sie, indem sie ein kryptografisches Rätsel lösen (sprich, indem sie eine große Menge Zahlen raten). Dieser Algorithmus kommt beispielsweise auch im beliebtesten aller Blockchain-Produkte, der Kryptowährung Bitcoin zum Einsatz. Die enorme, für Proof of Work benötigte Rechenkraft hat dabei bereits bei Bitcoin allein zu einer Reihe von Problemen geführt:

  • Beim Herstellen von Konsens (dem sog. Mining-Prozess) werden durch den extremen Strombedarf derzeit jährlich 77,15 Mt CO2 erzeugt[2]Damit liegt der Ausstoß bei ca. 12% des Ausstoßes von Deutschland im Jahr 2020. Eine einzige Transaktion erzeugt 0,83 t CO2. Der Ausstoß des Netzwerkes wächst beständig, da der Schwierigkeitsgrad der kryptografischen Rätsel mit der Größe des Netzwerkes wächst. Besonders schwer wiegt, dass Kryptowährungen aufgrund des konstanten Strombedarfs der Miner vor allem mit fossilen Energien betrieben werden. Oft sorgen sie für eine Energieunterversorgung, wenn sie mit erneuerbaren Energien, wie beispielsweise mit Wasserkraft in China betrieben werden, weshalb stattdessen Kohlekraftwerke angeschaltet bleiben müssen. Zudem bedrohen Miner die Versorgungssicherheit mit Strom vor Ort, wie sich zuletzt mehrfach im Iran zeigte.
  • Das Mining von Bitcoin benötigt Spezialhardware, welche ausschließlich zu diesem Zweck eingesetzt werden kann, und die in vergleichsweise kurzen Abständen ausgetauscht werden muss. Dadurch werden große Mengen Elektroschrott erzeugt, die zum großen Teil nicht recycelt werden können. Die Menge des Elektroschrottes beläuft sich derzeit auf 22,78 kt pro Jahr[2-1]. Das entspricht der Menge, die die Niederlande erzeugen. Eine einzige Transaktion erzeugt ca. 0,25 kg Elektroschrott.

Mit der steigenden Popularität von Kryptowährungen und dem besonders seit der Coronakrise verstärkten Problem, dass die durch die Zentralbanken zur Rettung der Wirtschaft erzeugte Liquidität großteils in die Finanzindustrie und damit auch in Kryptowährungen fließt, hat sich das Problem in jüngster Vergangenheit nur verstärkt. Es kann fundiert gemutmaßt werden, dass der Ressourcenverbrauch für Kryptowährungen tendenziell eher steigt als sinkt.

Wenn wir die Weltgemeinschaft perspektivisch vollständig mit erneuerbaren Energien versorgen wollen, können wir es uns nicht leisten, mehr statt weniger Strom zu verbrauchen. Hinzu kommt, dass wir günstige, moderne Technologien benötigen, die sparsam mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen umgehen. Das betrifft auch die teilweise äußerst seltenen und nur sehr schwer, bis gar nicht recyclebaren Rohstoffe, die für die Herstellung von Computerchips benötigt werden. Bitcoin und andere Blockchain-Produkte sorgen ohne Not für einen erhöhten Energie- und Ressourcenverbrauch. Zudem fehlen diese Ressourcen für sinnvolle Anwendungen. Damit zahlen wir am Ende alle nicht nur durch die Umweltzerstörung, unter der wir alle leiden, sondern auch finanziell, da Strom und IT-Produkte ohne Not teurer werden.

Nebst ihrem zweifelhaften gesellschaftlichen[3] und praktischen Nutzen[4] stellen Produkte auf Basis von Blockchains somit eine Gefahr für die Ziele des Umwelt- und Ressourcenschutzes und dadurch eine weitere Reduktion des gesellschaftlichen Nutzens dar. Sie verstoßen gegen die Suffizienzbedingungen einer postfossilen Gesellschaft.

Als NAJU fordern wir darum ein Verbot umweltschädlicher Konsensalgorithmen außerhalb wissenschaftlicher Forschung. Dies betrifft derzeit insbesondere die folgenden Algorithmen:

  • Proof of Work (PoW): Dieser Algorithmus verbraucht in einem hohen Ausmaß wertvolle Computing-Ressourcen, was sich direkt in Energieverbrauch und Erzeugung von Elektroschrott, sowie hohen Preisen für Grafikkarten, CPUs und Rohstoffen für die Chipproduktion niederschlägt.
  • Proof of Space (PoS): Dieser Algorithmus setzt auf das willkürliche Vollschreiben von schnellem Speicher. Die Folgen sind eine große Menge Elektroschrott und hohe Kosten für SSDs. Zudem werden erste Solid State Drives (SSDs), die zuvor durch PoS bearbeitet wurden ahnungslosen Nutzer:innen als Neuware verkauft. Da es sich bei SSDs, welche für PoS verwendet wurden um minderwertige Ware handelt, kann dies für jene Nutzer:innen zu einem schmerzhaften Datenverlust führen.

Fußnoten:

  1. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um verteilte Datenbanken, deren Nutznießer sich gegenseitig misstrauen.
  1. Daten von BitcoinEnergyConsumption.com. Stand: 16.09.2021
  1. Die Anwendungsfälle von praktischem Nutzen dienen vor allem einer sehr begrenzten Anzahl von Mitgliedern der Gesellschaft. Diese sind in der Regel wahlweise Technikinteressierte der ersten Stunde, libertäre Kryptojünger oder Angehörige der Finanzindustrie.
  1. Alle Anwendungsfälle, deren Wahrheit nicht innerhalb des Systems erzeugt wird, sind Gegenstand von umfassenden Manipulationsmöglichkeiten außerhalb der Blockchain. Im Falle von Non-Fungible Tokens (vermeintlichen Besitznachweisen für digitale Ressourcen) wird beispielsweise in der Regel nur ein Link auf eine Ressource gespeichert, die nachträglich verändert oder offline genommen werden kann. Im Falle von Lieferkettennachweisen über die Blockchain kann bei der Eintragung des Nachweises einfach eine Falschinformation zertifiziert werden. Somit erscheint die Blockchain ausschließlich für Kryptowährungen, dezentrale Nachweise für das Vorhandensein von Informationen und generative Kunst (siehe z. B. Cryptokitties auf der Ethereum-Blockchain) verwendbar.

Beschlossen von der Bundesdelegiertenversammlung der NAJU am 25.09.2021

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