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Die Zeit drängt und noch immer sind die großen Entscheidungen ungeklärt – Die Hindernisse der COP27

Wir sind mitten in der zweiten Woche der UN-Klimakonferenz (COP27) und die Verhandlungen laufen schleppend. Im Austausch mit anderen NGO Vertreter*innen erfahren wir, dass die TO DO-Liste der noch zu verhandelnden Themen zum jetzigen Zeitpunkt einer COP noch nie so lang war.

 Doch es bleiben noch wenige Tage, um ein drohendes Scheitern der diesjährigen Klimakonferenz zu verhindern – einer Klimakonferenz, die sich Implementierung ganz groß auf die Fahne geschrieben hat. Überall auf dem Gelände hängen Banner mit „Together for Implementation“ – bislang ist davon in den Verhandlungen wenig zu sehen. 

Dennoch ist vielen politischen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen nicht klar, welche Vision und Ambitionen die ägyptische COP-Präsidentschaft hinsichtlich des Konferenzabschlusses verfolgt. Während der COP27-Präsident Samih Schukri zu Beginn der Woche angekündigt hat, bis Donnerstag einen nahezu finalen Entwurf der Abschlusserklärung anzustreben, schließen NGO-Vertreter*innen bereits Wetten über den Zeitpunkt des Konferenzabschlusses ab.

Viele vermuten, dass die Verhandlungen in die Verlängerung gehen und frühestens Samstagabend zu einem Ergebnis kommen. Als Teil der kleinen Gruppe von Zivilgesellschaft hier vor Ort versuchen wir mit unserer Arbeit so viel Druck wie möglich auf die Verhandlungen auszuüben. Wir alle hoffen und appellieren an die Entscheidungsträger*innen, dass die Abschlusserklärung der Konferenz am Ende keine Rückschritte zulässt, sondern die Staaten endlich zum Handeln verpflichtet!


Industriestaaten blockieren Fortschritte

Doch einem erfolgreichen Ergebnis stehen dieses Jahr besonders viele Hindernisse im Weg: Neben der angespannten geopolitischen Lage zeigt sich das weiterhin bestehende Machtgefälle zwischen Ländern des Globalen Nordens und denen des Südens deutlich. Reiche Industriestaaten blockieren den Fortschritt in Richtung einer Fazilität für die Finanzierung von Klimaschäden und Verlusten, unter denen vor allem die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, leiden. Darüber hinaus wirft die gravierende Menschenrechtslage in Ägypten einen Schatten über die so dringend benötigten Fortschritte in der Implementierung der Klimaziele. Dieser COP fehlt es zudem an Räumen für die Zivilgesellschaft vor Ort, ihrer Rolle als kritische, aktive Beobachtende und Druckausübende angemessen nachzukommen.

Während unabhängige ägyptische NGOs aufgrund der vielen Repressionen seitens der ägyptischen Regierung so gut wie gar nicht auf der Konferenz vertreten sind, werden die Freiheit auf Protest und Beteiligung der Zivilgesellschaft vor Ort stark eingeschränkt. Die bisherigen Aktionen fanden fast alle innerhalb des Geländes – und somit unter UNFCCC-Recht statt, da außerhalb unter ägyptischem Recht nicht für eine folgenlose Teilnahme an Demonstrationen garantiert werden kann. Darüber hinaus haben wir mit unserer Akkreditierung als Beobachter*innen normalerweise Zugang zu den Verhandlungen; auch der ist aufgrund einer Reihe logistischer Probleme wie zu kleine Räume und eine mangelhafte Akustik sowie der hoch technischen Sprache begrenzt.

Stattdessen sind dieses Jahr 600 Lobbyist*innen aus der fossilen Industrie auf der Konferenz unterwegs und werben für Gas oder nukleare Energie als „grüne“ Lösungen. Greenwashing ist überall auf dem Gelände präsent: Besonders deutlich wird dies an den überdimensionalen Länderpavillons der Ölstaaten, die zum Teil für die Dekarbonisierung des Ölsektors werben. Gleichzeitig ist die Nuklearindustrie mit eigenen Pavillons vertreten und versucht mit schrillen Aktionen die Aufmerksamkeit auf Konferenzbesucher*innen auf sich zu ziehen. Es ist sehr enttäuschend, dass auf dem gesamten Gelände darüber hinaus nur Wasser und Kaffee von Nestlé sowie Softgetränke von Coca Cola angeboten werden. Coca Cola ist nur einer von vielen sehr kritischen Sponsoren, die sich hinter dieser Klimakonferenz verbergen — Egyptair, Microsoft, Vodafone und Google gehören ebenfalls zu den Partnern. Auch wir können uns an dieser Stelle nicht davon freimachen, mit unserer Teilnahme und Konsum auf dem Konferenzgelände ein stückweit zum Greenwashing beizutragen, womit wir uns sehr schwertun. 

Renaissance fossiler Energien würde Ziel gefährden

© Marie Jacquemin
© Marie Jacquemin

Letztes Jahr in Glasgow haben sich die Länder auf die Reduktion des Abbaus fossiler Energieträger geeinigt. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges und der Energiekrise droht dieses Jahr die Gefahr, dass die Staaten Gas als mögliche Übergangslösung anerkennen. Dies würde die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels noch weiter gefährden. Am Ende der Verhandlungen wird von dieser COP ein starkes Signal ausgehen – entweder in Richtung Ausstieg aus oder der Renaissance von fossilen Energien. Parallel zur zweiten Konferenzwoche findet der G20 Gipfel in Bali statt. Das Treffen der Regierungschef*innen wird sich auch auf die Verhandlungen auf der Klimakonferenz auswirken. Wir haben daher eine Botschaft aus Sharm El Sheikh nach Bali geschickt und an die Teilnehmer*innen aufgefordert, das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten. Denn das lässt keine weitere Förderung von fossilen Energien zu!

 

In den kommenden Tagen stehen unter anderem noch Gespräche mit Staatssekretär Jochen Flasbarth, Umweltministerin Steffi Lemke und Außenministerin Annalena Baerbock an. Diese wollen wir vor allem nutzen, um konkret auf die Rolle Deutschlands in den Verhandlungen einzugehen und unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Die NAJU vor Ort

Hier findest du aktuelle Termine der NAJU, Ausleihstationen für den Storchenkoffer und den Insektenrucksack sowie deinen NAJU-Landesverband und NAJU-Gruppen in deiner Nähe. 

 

 

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