Offener Brief: #LütziBleibt!

An

Ministerpräsident Hendrik Wüst

Klimaschutz- und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur

Innenminister Herbert Reul

Als Deutschlands größte Jugendverbände im Natur- und Umweltschutz rufen wir, NAJU (Naturschutzjugend im NABU), BUNDjugend (Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) und Naturfreundejugend Deutschland (Jugendorganisation der NaturFreunde), Sie dazu auf, die Räumung Lützeraths durch die Polizei und den Konzern RWE unverzüglich zu stoppen! Mit dem drohenden Abbau der Braunkohle unter Lützerath setzen Sie unsere Zukunft sowie die der nachkommenden Generationen auf der ganzen Welt aufs Spiel – dabei können wir nicht untätig zusehen!

 

Deutschland hat sich mit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens völkerrechtlich zur Einhaltung des 1,5-Gradziels verpflichtet; das hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2021 noch einmal bekräftigt. Auf internationaler Ebene stellt sich Deutschland häufig als Vorreiter im Klimaschutz dar. Die Bundesregierung verspricht schnellstmöglich aus allen fossilen Energieträgern auszusteigen und zusätzlich andere Länder in der Energiewende zu unterstützen[1]. Im Inland vereinbarten die Landesregierung Nordrhein-Westfalens und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit RWE währenddessen einen Deal, der nun die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler II um Lützerath und den Abbau von 280 Millionen Tonnen Braunkohle ermöglicht[2]. Einzelne an den Verhandlungen beteiligte Akteur*innen erachten diesen Deal als erfolgreichen Kompromiss. Allerdings darf der vorgezogene Kohleausstieg auf 2030 und der Erhalt fünf umliegender Dörfer nicht über die fehlende vertragliche Begrenzung der Emissionen hinwegtäuschen. Der Deal verkürzt zwar den Zeitraum, in dem Kohle noch zur Energiegewinnung genutzt werden darf; der letztendliche Mehrwert für das Klima muss aber stark angezweifelt werden. Zum einen beschränkt sich die Vereinbarung nur auf das Land Nordrhein-Westfalen. Zum anderen belegen Studien wie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)[3], dass Deutschland seine Klimaziele zur Einhaltung der 1,5-Gradgrenze stark verfehlen wird, wenn der vereinbarte Deal realisiert und Lützerath abgebaggert wird – und das, obwohl die Ergebnisse unabhängiger Studien belegen, dass die Kohle unter Lützerath trotz Energiekrise nicht für Deutschlands Energieversorgung gebraucht wird[4,5]! Davon abgesehen ist anzunehmen, dass RWE aus marktwirtschaftlichen Gründen sowieso bereits vor 2038 aus der Kohleverstromung ausgestiegen wäre[6]. Jetzt kann RWE für die Zeit bis 2024 mehr Kohle verstromen als vorgesehen und damit zusätzliche, niemals eingeplante Gewinne aus der der Energiekrise ziehen.

 

Wissenschaftliche Erkenntnisse stehen dem Gutachten gegenüber, auf das Sie und andere politische Entscheidungsträger*innen sowie RWE sich beziehen[7]. Die Räumung des Dorfes erfolgte zudem auf Basis des von Verfassungsrechtler*innen als verfassungswidrig bewerteten §48 des Kohleausstiegsgesetzes[8]. Auch dieser Paragraph liefert keine Belege für die energiewirtschaftliche Notwendigkeit von Garzweiler II. Eine Entscheidung mit so schwerwiegenden Konsequenzen basierend auf dieser so mangelnden Faktengrundlage durchzuziehen, erachten wir als unverantwortlich und unterstützen daher die Forderung vieler Wissenschaftler*innen eines sofortigen Moratoriums[9]! Wir appellieren an Sie, in der Zwischenzeit die Erarbeitung eines Masterplans zu initiieren, der sowohl der Versorgungssicherheit als auch dem Pariser Klimaabkommen gerecht wird. Dabei müssen alle Beteiligten unter Berücksichtigung der Generationengerechtigkeit miteinbezogen werden.

 

Die Auswirkungen der Klimakrise spüren wir bereits jetzt überall auf der Welt, besonders jedoch in den Ländern des Globalen Südens, die am wenigsten zu ihr beigetragen haben. Deutschland dagegen zählt zu den weltweit größten Emittenten. Wird Lützerath abgebaggert, hat das globale Konsequenzen. Nicht nur aufgrund der starken Gefährdung des 1,5 Gradziels, sondern vor allem aufgrund des fatalen klimapolitischen Signals, das Deutschland in die Welt sendet. Wir fordern, dass Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht wird und statt Dörfer für Kohle abzureißen, endlich die Energiewende vorantreibt!

 

Naturschutzjugend NAJU (Naturschutzjugend im NABU)             

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Fußnoten:

[1] BMZ (15.06.22): Deutsche G7-Präsidentschaft treibt ambitionierte „Just Energy Transition Partnerships“ voran: https://www.bmz.de/de/aktuelles/bmz-tagebuch/deutsche-g7-praesidentschaft-just-energy-transition-partnerships-114320.

[2] Deutschlandfunk (12.01.23): Rheinisches Braunkohlerevier: Der Streit um die Kohle unter Lützerath. https://www.deutschlandfunk.de/luetzerath-rwe-kohle-tagebau-100.html.

[3] Luna Brandes; Philipp Herpich; Claudia Kemfert; Pao-Yu Oei; Catharina Rieve; Christian von Hirschhausen (11.06.2021): Kein Grad weiter - Anpassung der Tagebauplanung im Rheinischen Braunkohlerevier zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze. – In: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.). https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.819609.de/diwkompakt_2021-169.pdf.

[4] Phillip Herpich; Claudia Kemfert; Pao-Yu Oei; Catharina Rieve (August 2022): Gasknappheit: Auswirkungen auf die Auslastung der Braunkohlekraftwerke und den Erhalt von Lützerath. https://coaltransitions.org/publications/gasknappheit-auswirkungen-auf-die-auslastung-der-braunkohlekraftwerke-und-den-erhalt-von-lutzerath/.

[5] Aurora (22.11.22): Auswirkungen eines adjustierten Kohleausstiegs auf die Emissionen im deutschen Stromsektor. https://kohlecountdown.de/wp-content/uploads/2022/12/Aurora-Kohleausstiegspfad-und-Emissionen_01122022.pdf.

[6] Aurora (22.11.22): Auswirkungen eines adjustierten Kohleausstiegs auf die Emissionen im deutschen Stromsektor. https://kohlecountdown.de/wp-content/uploads/2022/12/Aurora-Kohleausstiegspfad-und-Emissionen_01122022.pdf.

[7] Deutschlandfunk (12.01.23): Rheinisches Braunkohlerevier: Der Streit um die Kohle unter Lützerath. https://www.deutschlandfunk.de/luetzerath-rwe-kohle-tagebau-100.html.

[8] Julia Dittmann (09.09.22): Rechtsgutachten: Garzweiler-Paragraph im Kohleausstiegsgesetz verfassungswidrig. https://www.klima-allianz.de/presse/meldung/rechtsgutachten-garzweiler-paragraph-im-kohleausstiegsgesetz-verfassungswidrig.

[9] Scientists for Future (11.01.23): Offener Brief: Ein Moratorium für die Räumung von Lützerath. https://de.scientists4future.org/offener-brief-ein-moratorium-fuer-die-raeumung-von-luetzerath/.

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